einfach: erzählen.
Tief verbunden fühlen wir uns
mit einem Ort, der uns seine ganz persönlichen Geheimnisse und Geschichten anvertraut hat. Sie erwachsen aus seiner Natur, leben weiter in unseren Köpfen und finden letztlich in Papier und Bleistift ihre wahrhaftige Bestimmung.
Der Berg kennt viele Geschichten, die nur darauf warten, erzählt zu werden. Greifen Sie zur Feder – oder lesen Sie, was der Berg den Menschen hier geflüstert hat: unsere mountain stories.
Die neuesten preisgekrönten Mountain Stories finden hier.
Zwischenraum
Astrid Kofler
Adda ist der einzige Fahrgast, es ist Nachmittag, es regnet. 39 Metallpfeiler waren es damals, steht auf einem Plakat in der Talstation. Die Fahrt auf den Berg war eine Fahrt in die Freiheit. Heute sind es noch vier. Der Charme, so steht es, ist geblieben.
Der Endsommerregen prasselt an die Scheiben der Kabine, das Tal liegt bald im Nebel, die Bäume hängen mehr an den Felsen, als dass sie darauf stehen, umarmen mit den Wurzeln die Blöcke. Adda drückt sich die Mittelfinger an die...
Der Kauz
Es war einmal ein Kauz, der ganz allein in einer Seilbahnstütze lebte. Er war 25 Monate jung und wünschte sich nichts sehnlicher als eine Käuzin, die mit ihm die Seilbahnstütze und natürlich das Leben teile.
Nur war der Kauz eben ein eigenartiger Kauz, denn er hatte ein Problem – und das lautete: zwei Schritte machen. Er traute sich einfach nicht zwei Schritte zu machen, die er aber gehen müsste, um sein Blickfeld zu erweitern und vielleicht die ersehnte Käuzin zu erspähen. Um diese...
Sealele, duck di!
Aus den reichen Vigiljocher Quellen sprudelt seit jeher kostbarstes Mineralwasser, das über Leitungen ins Tal gebracht und, mit der Etikette „Meraner Mineralwasser“ versehen, per Seilbahn wieder aufs Vigiljoch hinaufgebracht wird. Seinerzeit kostete so eine Flasche 200 Lire, ein Viertel Roter kostete ebenfalls 200 Lire, und somit gaben Einheimische und Gäste ihr Geld lieber für den Wein aus.
Ohne näher auf die Gründe dafür eingehen zu wollen, war es auch der Wein – und nicht das...
Warum es das vigilius gibt
Ulrich Ladurner
Schon seit meiner Kindheit kenne ich das Vigiljoch. Ich kann mich gut an das damalige Berghotel Vigiljoch erinnern und daran, dass ich es immer als etwas ganz Besonderes empfand. Im Hotel selbst war ich nie, ich weiß nur, dass ich großen Respekt davor hatte. Was sich dort wohl abspielte? Für mich als Kind war es einfach nur geheimnisvoll. Ich war davon überzeugt, dass hier nur Menschen wohnen konnten, die von ganz weit her kamen.
Als Jugendlicher sah ich das Berghotel Vigiljoch dann...
Die Verlockung des Wassers
Der kleine Karl liebte das „Steckelespiel“, bei dem man ein Stöckchen ins Wasser werfen und mit den Händen so lange kleine Wellen schlagen muss, bis das Hölzchen zu einem zurückschwimmt. Da sich für dieses Spiel ruhige Gewässer am besten eignen und es auf dem Vigiljoch davon keine große Auswahl gab, stahl sich der kleine Pawigler öfters ins Schwimmbad des Berghotels Vigiljoch. Die Eltern hatten es zwar strengstens verboten, denn erstens war das Schwimmbad den Gästen des Hotels...
Nirgendwo auf der Welt
Das Zimmermädchen hielt einen Augenblick inne, als es beim Aufräumen des Zimmers 218 einen scheinbar achtlos hingeworfenen, bunt beschriebenen Zettel fand. Jedes Wort in einer anderen Farbe, wie von einem Volksschulkind fein säuberlich gemalt – rot und blau, gelb, orange und braun – stand da geschrieben: „Nirgendwo auf der Welt riecht es so gut wie auf dem Vigiljoch.“ Das Zimmermädchen nahm den Zettel in die Hand und bemerkte, dass er auch auf der Rückseite beschrieben war.
„Nirgend...
Verdammt zur Erholung
Jürgen und Beate Gratze
Bedenken waren von Anfang an da: Was soll ich in einem Hotel in 1500 Meter Höhe, das nur durch eine Seilbahn zu erreichen ist? Okay, die Bilder vom Hotel sehen sehr viel versprechend aus. Aber: Urlaub ist doch mehr als ein Leben in der Einöde.
Wozu Frauen doch in der Lage sind, wenn sie etwas wollen: Zähneknirschend buche ich im vigilius mountain resort. Aber nur für eine Woche und die Golfschläger werden mitgenommen.
Spontan entschließen wir uns, über den Jaufenpass anzureisen....
Die Stumme Ida
Michaela Schöller
Sie redet ununterbrochen. Sie schimpft vor sich hin. Sie sudert. Sie stichelt. Sie grantlt. Und weil sie keine besonders nette Person ist, kommentiert sie alles, was sie sieht. Ein Zuckergoscherl ist sie nicht, die Stumme Ida. Eine Zunge hat die, scharf wie ein Schwert, sagen die anderen hinter ihrem Rücken. Oder besser, sie würden es sagen, wenn sie hören könnten, was die Stumme Ida sagt. Das können sie aber nicht, weil ihre bissigen Tiraden lautlose Selbstgespräche sind. Ziemlich...
Dackeldiner
Die Bernhardinerhündin Bella besaß eine gewisse Vorliebe für ausgedehnte Spaziergänge, wenn sie nicht gerade – eine weitere ihrer Vorlieben – mit den Kindern der Gäste vom Berghotel Vigiljoch ausgiebig herumtollte und sich streicheln ließ.
So rief eines Tages, als Bellas Wanderlust hormonell bedingt wieder einmal bedeutendere Ausmaße angenommen hatte, der Wirt vom Gasthaus Jocher an. Selbiger hatte zu vermelden, dass sein Dackelrüde und besagte Bella gerade quasi untrennbar...
Der gefiederte Oberkellner
Als Heini Winterholer eines Abends von seinem Ausflug zu einem italienischen Landgut zurückkehrte und eine große Kartonschachtel auf den Tisch stellte, schaute ihn seine Frau argwöhnisch an. „Sag nicht, dass da ein Viech drin ist!“ Denn wer Heini Winterholer kannte, wusste, dass seine Passion für alles, was kreucht und fleucht, mindestens so groß war wie sein Talent, die Gäste des Berghotels Vigiljoch abends an der Bar mit viel Spaß und Freude zu bewirten. In der Tat befand sich in...
Die eisige Müllerin
Jenen Winter hatte es Frau Holle besonders gut gemeint und im stillen Einvernehmen mit Väterchen Frost das Vigiljoch in eine dicke wolkenweiche Decke gehüllt. Fichten bogen sich unter der meterhohen Last des Schnees und die kleinen Fenster der bunten Villen und Herbergen wetteiferten im Stillen darum, welches wohl die am prächtigsten glitzernden Eisblumen besaß.
Im schmucken Vigiljocher Berghotel nahm dennoch alles seinen gewohnt emsigen und vertrauten Lauf. Dazu gehörte auch der...
Die gute Seele vom Vigiljoch
Der „Loden“, wie ihn die Einheimischen nannten und bis heute in nostalgischer Erinnerung haben, war eigentlich ein Laden, eine Art Tante-Emma-Laden, nur eben deluxe. Deluxe deshalb, weil es nichts gab, was man im „Loden“ nicht hätte kaufen können, aber vor allem deshalb, weil die Tante Emma dort Tante Klara hieß und ein Mensch von solcher Herzensgüte war, dass keiner so genau sagen konnte, ob man des Kaufens wegen in den „Loden“ ging oder wegen Tante Klara.
Bei Tante Klara gab es,...
Wir fahren jetzt ans Meer!
Ulrike Dubis
Esther schlief tief und fest, und wie immer klemmte sie ihre Puppe Martha ganz fest zwischen Arm, Hals und Kopfkissen, gerade so, als wollte jede Nacht jemand kommen, um sie ihr zu stehlen. Aus dem Salon drangen wie Wogen die Stimmen von Vater und Mutter, erst leise tuschelnd wie sich kräuselnde Wellen, dann bäumten sich die Worte meines Vaters gischend auf, um dann wieder in gurgelndem Flüstern zu versiegen, das meine neugierigen Ohren trotz aller Mühe nicht festzuhalten vermochten....